Samstag, 1. August 2009

Die Arbeit eines Redakteurs




Vielfältig ist die Kritik der bereits erwähnten altfrommen Menschen an dem Gedanken, die biblischen Dokumente könnten nach ihrer ersten Niederschrift noch einmal überarbeitet und schließlich anders zusammengestellt worden sein, als es nach dem ursprünglichen Willen ihrer Schreiber gedacht war. Man kann diese Kritik in gewisser Weise verstehen, und zwar besonders dann, wenn der Redakteur zur Schlüsselfigur für das letzte und manchmal einzige Verständnis eines Textes wird, gerade so, als ob man diesen Text nur verstehen könne, wenn man die (manchmal nicht einmal besonders redlichen) Interessen des Redakteurs kennt.

Diese Verabsolutierung des Redaktionsgedankens halte ich für falsch und habe es als Befreiung empfunden, daß der Heidelberger Theologe Klaus Berger (in seinem Buch Im Anfang war Johannes) diese Konstruktion als Lieblingsidee von solchen Menschen entlarvt hat, die selbst nichts anderes kennen als das Prinzip der redaktionellen Arbeit, das Leben aus dem Zettelkasten.

Das bedeutet aber nicht, daß es keine Redaktion im Bereich der Bibel gegeben hat. Die heiligen Dokumente leiden in keiner Weise darunter, daß sie uns in menschlicher, also veränderlicher Gestalt begegnen und damit das Schicksal des Mannes teilen, von dem sie letztlich ja alle reden, Jesus. Sie sind im Laufe ihrer Geschichte vielfach auf- und abgewertet worden, gerieten in Vergessenheit und mußten wiederentdeckt werden. Erst die endgültige Zusammenstellung der Bibel um das Jahr 300 herum hat zumindest die offizielle Wertschätzung bestimmter Bibelbücher festgeschrieben.

Das Schicksal des Paulus, so wie es uns im 2. Korintherbrief begegnet, besteht ebenfalls aus einem solchen Auf und Ab in den Augen seiner Gemeinde. Man kann deshalb annehmen, daß es seinen Schriften nicht anders ergangen ist als ihrem Verfasser. Wer wollte dafür Sorge getragen haben, daß sie unmittelbar nach ihrer Abfassung von einem sorgfältigen Archivar für die Ewigkeit konserviert würden? Nein, sie dürften über manche Phasen ihrer Geschichte in staubigen Hinterzimmern gelagert worden sein, und wenn man sie dann wieder hervorholte, dann konnte man nur auf die Liebe und Sorgfalt desjenigen hoffen, der sie den Menschen neu darbieten wollte. Wenn er eine andere äußere Form wählte, aus einem Brief zwei machte oder umgekehrt zwei oder drei zu einem einzigen zusammenfügte – was tat es, wenn sie nur wieder gelesen und verstanden wurden?

Norbert Baumert setzt die Arbeit eines Redakteurs am 2. Korintherbrief voraus, ja er kann die in ihrer inneren Logik nur mit Schwierigkeiten einander zuzuordnenden Abschnitte des Briefes nur dann zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen, wenn er davon ausgeht, daß er wie folgt entstanden ist:

Teil 1: Der Apostel gerät in eine wachsende Auseinandersetzung mit seiner Gemeinde hinein und muß sein Amt und seine Arbeit verteidigen. Kapitel 2 – 7, von Baumert „Apologie“
genannt.

Teil 2: Der Apostel muß sich Mit dem Rücken zur Wand vehement und emotional mit seinen Gegnern auseinandersetzen. Kapitel 10 – 13, „Tränenbrief“.

Teil 3: Der Apostel kann am Ende die Gemeinde überzeugen und schreibt in Dankbarkeit für das wiedergewonnene gegenseitige Vertrauen. Kapitel 1 – 2, Kapitel 7 – 9, „Freudenbrief“.




1 Kommentar:

  1. Für die Muslime sind die Jünger des Propheten Mohammed (FSMI) im Rang höher als die Nachommenden. Ganz gleich wie wertvoll eine Person sich im Dienste Gottes stellt. Es mag sein, daß sie in einem Punkt oder in einigen Punkten manchen Jüngern überlegen sind, aber schliesslich entscheidet die barrierefreie Nähe zum Propheten den Rang unter Gläubigen.Metaphorisch bekommt jemand neben der Heizung mehr Wärme ab, als einer 3-4 Metern Entfernung. Im Islam gibt es die Regel" Der Veranlassende, profitiert wie der Ausführende." Daher erhalten die Vorgänger zusätzlich zu ihren Verdiensten, den Verdienst der Nachfolger, als hätten sie es selber getan. Deshalb kann ein Nachfolger nie an die Verdienste seiner Vorgänger drankommen.
    Im Islam gab es und gibt es wie im Falle des Paulus, von Gott erfüllte Menschen, die sich einen Namen gemacht haben. Zum Beispiel Imam Ghasali, Mevlana Rumi und jetzt Fethullah Gülen.Sie haben nie den Koran neu verfasst, der Koran ist der Gleiche auf der ganzen Welt seit seiner Verkündigung geblieben. Sie haben lediglich den Koran für ihre Zeit neu interpretiert. Diese Interpretationen sind sehr wichtig für die Muslime, aber nie wichtiger als der Koran.Interprätationen sind vergängliche Menschenworte, hingegen ist das Göttliche Wort für alle Zeiten unvergänglich. Für diese Gelehrten und uns ist klar, sie können noch so wertvoll sein, sogar den Wert eines einfachsten Jüngers Mohammed (FSI) werden sie nicht erreichen.So verhält es sich für uns Muslime auch im Falle anderer Propheten, wie Jesus (FSI).
    Deshalb verwundert uns Muslime, daß eine Person wie Paulus die aktuelle Christliche Religion prägt wie kein anderer. Für Jesus (FSI) wird eine Sonderrolle des Sohnes eingerichtet, aber die Bibel und die Religion wird trotzdem von Paulus massgeblich beeinflusst. In vielen Quellen wie die Wikipedia, findet man auch den Hinweis, der Gründer des christlichen Glaubens wäre nicht Jesus (FSI), sondern Paulus. Da bleibt die berechtigte Frage der Muslime, was ist aus der Religion des Jesus (FSI), des Propheten Gottes geworden? Er nennt sich selber in der Bibel nie als Gottes Sohn. Bzw. wie viel ist noch von Gott auf Jesus (FSI) aufgetragenen Urreligion noch in der aktuellen christlichen Religion enthalten?

    AntwortenLöschen